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Plädoyer von Theresia Walser und Karl-Heinz Ott für die Utrechter Germanistik
Zu Gast in Utrecht waren vor mehreren Jahren Theresia Walser (2012) und Karl-Heinz Ott (2017) – sie erzählte über ihre Theatertexte und las Szenen vor, er präsentierte den Roman Die Auferstehung. Das Ehepaar schrieb am 11.11. gemeinsam einen öffentlichen Brief an den Rektor:
“mit großer Verwunderung haben wir erfahren, dass Sie das Fach Germanistik in Utrecht auflösen und es als Restposten in ein interdisziplinäres Sammelsurium aus Kleinfächern integrieren wollen. Damit folgen Sie dem Trend, dass nur noch relevant sein soll, was der Wirtschaft und ihrem technologischen Apparat dient. Damit jedoch kappen Sie den gesamten geistigen Horizont ab, der unser Denken, unsere Sprache, unsere geschichtliche Herkunft und damit unsere Selbst- und Weltbilder ausmacht. Nichts schlüsselt unser Leben so sehr auf wie die intensive Beschäftigung mit unseren Sprachen und unseren Literaturen. Nirgendwo erfahren wir mehr über uns selbst und alles, was zu unserer Welt gehört, bis hinein in die wissenschaftlichen und technischen Bereiche, die alle davon geprägt sind, weit mehr, als uns oft bewusst ist.
Im wissenschaftlich-technischen Bereich fungieren die Universitäten in erster Linie als Lernbetriebe. Die viel bedeutendere und ursprüngliche Aufgabe der Universität ist jedoch, über all das nachzudenken, was uns zu dem macht, was wir sind, und was uns dazu gemacht hat. Zu einer globalisierten Welt gehört mehr denn je, dass man die Sprachen und Kulturen kennt, mit denen man im Austausch steht. Wer nur über Wirtschaft und Technologie sprechen kann, kann über wenig sprechen.
Als Autoren haben wir bei unseren Einladungen in die Niederlande nicht nur eine große Herzlichkeit erlebt, sondern auch ein diskussionsfreudiges Publikum. Die Utrechter Germanistik genießt einen exzellenten Ruf, weit über die Niederlande hinaus. […]
Bitte überdenken Sie Ihre Entscheidung. Es wäre ein fataler Einschnitt von immenser Tragweite. Was einmal zerstört ist, lässt sich nur schwer wieder reparieren.”